Was kann ich in meiner Familie machen?
Unbedachte, verletzende Kommentare in der eigenen Familie verursachen oft kräftezehrendes innerliches Ringen, ob man etwas sagen soll oder nicht. Wie wird mein Familienmitglied reagieren? Setze ich unsere Beziehung aufs Spiel? Egal ob einmaliger Ausrutscher oder wiederholte Sprüche: Wie kann ich einer Person, der ich mich so nahe fühle, etwas Unangenehmes zu ihrem Verhalten mir gegenüber sagen? Mit mir wichtigen Menschen möchte ich harmonisch leben.

„Ich fühle mich wie ein Außenseiter.
Ich bin verwirrt.
Ist das meine Familie?“
Die Auseinandersetzung mit verletzenden Kommentaren aus dem engsten Familienkreis setzt oft eine längere Zeit in Gang, in der sich Betroffene tiefgreifende Gedanken machen, wie sie reagieren können. Manchmal hilft es weiter, wenn folgende Fragen durchdacht werden.
Wie kann ich einer Person, der ich mich so nahe fühle, etwas Unangenehmes zu ihrem Verhalten mir gegenüber sagen? Welchen Umgang mit Fehlern erlebte ich als Kind in meiner Familie? Wer gibt den Ton vor, in dem Familienmitglieder miteinander sprechen? Welche Rolle spielen die Älteren und welche die Kinder? Könnten ihre Worte einen größeren Einfluss haben? Würde den Onkel eine Beschwerde über seine diskriminierenden „Witze“ tiefer treffen, wenn seine 7 Jahre alte Nichte ihn darauf anspricht? Oder würde Großvaters Stimme am stärksten helfen, die Verletzung bewußt zu machen?
Und weitere Fragen drängen sich auf: Waren Herabsetzungen Teil meines täglichen Lebens, als ich aufwuchs? Behalte ich sie weiter als Norm in meinem Leben bei? Vergebe ich einigen Familienmitgliedern ihre Aussagen, anderen weniger? Gibt es Regeln zu dem, was gesagt wird, und was nicht? Ändert sich das von Gruppe zu Gruppe? Wer sonst teilt meine Einstellung, dass Vorurteile schlecht sind? Könnten wir gemeinsam mehr ausrichten?
Viele Menschen berichteten, dass sie Grenzen in ihrem eigenen Zuhause setzen. Sie erlauben es zum Beispiel nicht, dass bei ihnen Zuhause rassistische „Witze“ oder Kommentare gemacht werden.
Ein guter Einstieg in einen hilfreichen Dialog unter Verwandten kann die Betonung von gemeinsamen Werten sein. „Unsere Familie ist mir viel zu wichtig, als dass Intoleranz sie spaltet.“ Oder „Unsere Familie stand für mich immer für Fairness, und die Kommentare, die du machst, finde ich ziemlich unfair.“ Oder einfach „Ist das ein Wert, den unsere Familie vertritt?“
Erlebnisse & Inspirationen
Wie antworte ich im engsten Familienkreis?
Erlebnisse
- Eine Frau macht Ferien mit ihrer Mutter und zwei Brüdern. Eines Morgens sagt ihr Bruder, er will sein Auto „schottisch waschen“, also „Seife nehmen, wenn es regnet, dann spare ich das Geld fürs Wasser“. Das hat er so von seinem Stiefvater gehört. Sie fragt „Was ist daran lustig?“. Er lacht und sagt „Ja verstehst du nicht? Es geht um das ganze schottisch-geizig Thema“. Sie sagt „Nun, ich denke nicht, dass das lustig ist.“ Er sagt „Was geht’s dich an? Du bist doch gar keine Schottin.“
An dem Abend während des Essens macht ihr anderer Bruder eine ähnlich gelagerte Bemerkung.
„Es schmerzt mich und beschämt mich, dass diese allgegenwärtige „Kultur“ meine Familie durchdrungen hat. Dass sie jetzt solchen „Humor“ pflegen. Sie sagt „Ich fühle mich wie eine Außenseiterin. Ich bin verwirrt. Wo stehe ich? Ist das meine Familie?“
Sag was!
Partnerschafts- und Geschwisterbeziehungen werden von tief verwurzelten Verhaltensweisen, gemeinsamen Erfahrungen und Erwartungen geprägt. Um auf die Vorurteile in einer so engen Familienbeziehung wie Partnerschaft oder mit Geschwistern zu reagieren, denke an eure Gemeinsamkeiten. Gibt es gemeinsame Werte, auf die du dich berufen kannst? Wurden in eurer Kindheit diskriminierende Sprache und „Humor“ erlaubt oder sogar bestärkt? Oder handelt es sich um ein neues Verhalten?
Inspirationen
Schaffe ein angenehmes Gesprächsumfeld. Suche den richtigen Moment. Finde vorsichtige Worte, die es der anderen Person einfacher machen, die Rückmeldung anzunehmen.
Erinnere an die Vergangenheit. Wenn dieses Verhalten in eurer Kindheit nicht akzeptiert war, erinnere dein Geschwister an eure gemeinsame Vergangenheit. „Ich weiß noch, als wir Kinder waren, hat unser Vater in unserer Erziehung viel Wert darauf gelegt, dass anders nicht „schlechter“ ist. Ich bin mir nicht sicher, wann oder warum sich das für dich geändert hat, aber für mich sind Unterschiede immer noch bereichernd.“
Verändere die Gegenwart. Wenn abwertendes Verhalten in deiner Kindheit akzeptiert war, erkläre deinem Geschwister, dass du dich verändert hast. „Ich weiß, als wir groß geworden sind, haben wir uns alle solche „Witze“ über Schotten erzählt. Jetzt, als Erwachsene, finde ich das falsch und finde Respekt für andere wichtig.“
Beziehe dich auf Familienbindungen. „Wir standen uns immer sehr nah. Diese anti-semitischen Bemerkungen treiben einen großen Spalt zwischen uns. Mir ist unsere Beziehung sehr wichtig und ich möchte mich dir nahe fühlen.“
Finde eine vermittelnde Person. Welchem anderen Menschen würde die betreffende Person am ehesten zuhören? Suche im Familien- und Freundeskreis eine Person, die die Botschaft vermitteln kann.
Wie gehe ich mit „Witzen“ der Schwiegerfamilie um?
Erlebnisse
- Der Schwiegervater einer Frau erzählt regelmäßig rassistische „Witze“ bei Familienfeiern. „Ich habe mich sehr unwohl gefühlt“ schreibt die Frau, „und am Anfang habe ich dazu nichts gesagt.“ Nachdem sie Kinder bekommen hatte, merkte sie, dass sie das Thema ansprechen musste.
Beim nächsten Besuch sagte sie zu ihrem Schwiegervater „Ich weiß, ich kann dein Verhalten in deinem eigenen Haus nicht bestimmen. Durch deine rassistischen ‚Witze‘ fühle ich mich angegriffen, und ich will nicht, dass meine Kinder sie hören. Wenn du sie weiterhin erzählen möchtest, werde ich die Kinder einpacken und gehen. Und in meinem Haus sind deine rassistischen ‚Witze‘ oder Kommentare unerwünscht.“
- Die Oma einer 18-Jährigen aus Köln erzählt: „Da sagt [auf einer Familienfeier] der andere Opa etwas Herabwertendes über die Menschen, bei denen sich seine 18 Jahre alte Enkelin engagiert. Ich bin sicher, die Enkelin erzählt nicht noch mal was, was ihr wichtig ist. Was sagt man da ohne einen Streit zwischen den zwei Familien auszulösen?“
Sag was!
Für viele Erwachsene in festen Beziehungen ist die Verbindung zur Schwiegerfamilie oft mit starken Spannungen besetzt. Wenn zwei Familien verknüpft werden, ist es immer herausfordernd, zwischen den zwei Familienkulturen eine gemeinsame Ebene aufzubauen. Im Umgang mit deiner Schwiegerfamilie könntest du:
Inspirationen
Beschreibe die Werte deiner Familie.
Vielleicht ist es in der Familie deiner nahestehenden Person normal, beleidigenden „Humor“ zu verwenden. Erkläre, warum deine Familie es nicht so hält und dass Toleranz und Respekt den Umgang und die Einstellungen deiner Familie leiten.
Familie als sicherer Raum. Du kannst darauf hinweisen, dass die Familie aus deiner Sicht ein Bereich sein sollte, in dem sich alle Familienmitglieder geborgen, wohl und so angenommen fühlen, wie sie sind, um gestärkt in die Welt hinaus zu gehen.
Stärke das angegriffene Mitglied. Benötigt es Unterstützung? In diesem Fall hätte die Oma nach kurzem Blick-Austausch die Enkelin unterstützen können. Sie könnte mit ruhiger Stimme in Anwesenheit aller Beteiligten betonen, dass sie stolz auf Ihre Enkelin ist, weil sie sich ehrenamtlich engagiert und dieser Wert in unserer Gesellschaft wichtig ist.
Hinterfrage pauschale Angriffe um die Herabwürdigung des einzelnen Familienmitglieds sichtbar zu machen. „Woher weißt du, anderer Opa, dass das alles Unfähige sind?“
Setze Grenzen.
Auch wenn du die Einstellungen deiner Schwiegerfamilie nicht ändern kannst, kannst du ihrem Verhalten in deinem Zuhause Grenzen setzen. „Ich werde keine diskriminierenden ‚Witze‘ in meinem Haus erlauben.“
Mach es wahr.
In diesem Fall verließ die Frau mit ihren Kindern das Haus der Schwiegerfamilie bei ihrem nächsten Besuch, als ihr Schwiegervater wieder einen solchen „Witz“ erzählte. Sie musste das noch zwei weitere Male machen, auch bei einer Familienfeier, was ihr nicht leicht fiel, bevor ihr Schwiegervater das Verhalten unterließ.
Wie spreche ich mit Kindern?
Erlebnisse

- Noch Jahre später finde ich es großartig, wie meine Mutter uns erzogen hat, Hautfarbe nicht als Merkmal des Andersseins zu beachten. Einige Onkel und Tanten haben Kinder aus allen Teilen der Welt adoptiert. Wenn ich mal fragte, „Wer von den vielen Cousins ist Nils?“, dann erklärte meine Mutter mir geduldig, bis ich ein Bild vor Augen hatte. Dabei hat sie niemals, wirklich niemals, auf die Hautfarbe Bezug genommen, anhand derer ich als Kind das wahrscheinlich am schnellsten erkannt hätte.
- Eine Frau aus Hannover schreibt. „Mein Sohn wickelte sich ein Handtuch um den Kopf und rief ‚für Karneval will ich ein Terrorist sein – so wie der Mann die Straße runter‘. Der Mann trägt aus religiösen Gründen einen Turban. Was sage ich meinem Sohn?“
- Opa, gibt es Prinzessinnen mit Krücken?
Sag was!
Kinder sind leicht beeinflussbar. Durch Medien, Familienmitglieder, in der Schule und auf dem Spielplatz erleben Kinder Stereotypen und Diskriminierungen. Sei ein Vorbild, wenn du als Elternteil möchtest, dass dein Kind mit Respekt für andere Kulturen aufwächst.
Inspirationen
Sei ein Vorbild. Wenn Eltern andere Menschen basierend auf Unterschieden unfair behandeln, werden die Kinder nachahmen, was sie mitbekommen. Sei dir selbst bewusst, wie du mit anderen umgehst.
Ermögliche deinem Kind einen normalen Umgang mit Menschen mit Behinderung. Kita, Gemeinde, Sportverein mit inklusiver Gruppe, etc. Wenn das selber Vorleben nicht möglich ist, greife auf Medien zurück: Es gibt viele Bücher, Filme, Comics, Spielzeuge, die Kindern helfen mit dem Thema Behinderung und Anderssein besser umzugehen, indem die Behinderung nicht als etwas Andersartiges, sondern als völlig normal dargestellt wird. (Hinweise bei Weiterführende Informationen). Betone die Normalität „Es kann sein, dass sie eine Behinderung hat.“
Stelle Mitgefühl in den Mittelpunkt. Wenn ein Kind etwas sagt oder tut, was auf ein Vorurteil hindeutet, weise darauf hin. „Was macht diesen ‚Witz‘ deiner Meinung nach lustig?“ Leite das Gespräch hin zu Mitgefühl und Respekt: „Was meinst du, wie sich der Nachbar fühlt, wenn er hören würde, dass du ihn einen Terroristen nennst?“ „Bitte stelle dir vor, wie fühlst du dich, wenn du die Person im „Witz“ wärst?“ Erkläre, warum Mitgefühl wichtig ist.
Erweitere ihren Horizont. Schau genau hin, was dein Kind als „normal“ definiert. Dann hilf, diese Definition zu erweitern. „Unser Nachbar trägt wegen seiner Religion einen Turban, er ist kein Terrorist. Lass uns mal was über seine Religion lernen.“ Nutze jede Chance, um mit dem Kind zusammen über Menschen, die anders sind als es selbst, etwas zu lernen.
Bereite dich auf Vorhersehbares vor. Jedes Jahr ist Karneval ein Magnet für Vorurteile. Kinder verkleiden sich als „Indianer“ oder „Prinzessin“, und halten damit Vorurteile gegen verschiedenartige Menschen aufrecht. Andere tragen Masken, die stereotype Merkmale aufblähen. Finde Kostüme, die keine Stereotype bedienen. Habe Spaß am Fest ohne Vorurteile zu vertiefen.
Was sage ich meinen Eltern?
Erlebnisse
- Eine Frau schreibt: „Mein Vater verwendet immer wieder ethnische Wörter in Alltagserzählungen, wie die polnische Putzfrau, der türkische Gemüsehändler, in denen Ethnie überhaupt nichts mit der Situation zu tun hat. Und wenn die Person deutsch ist, hebt er es nicht hervor.“
- Meine Mutter arbeitet als Wissenschaftlerin an einer Universität. Zuhause habe ich sie ab und an unterstützt. Wir saßen Zuhause in ihrem Büro an einer wissenschaftlichen Arbeit kurz vor dem Abgabetermin. Mein Vater kam herein und fragte, ob er etwas helfen könne. Als ich vorschlug „Mittagessen bereiten“, ignorierte er mich. Er ging zu seiner Frau und wiederholte „Kann ich etwas helfen?“. Da hätte ich was sagen müssen, aber es wäre bei ihm nicht angekommen. Was hätte ich tun können?
- Mein jüngerer Bruder hat viel mehr Rechte und Freiheiten als ich. Wenn ich wieder eine blöde Aufgabe aufgebrummt bekommen soll, die ungerecht verteilt ist, frage ich meine Eltern „Würdest du das Anton auch so sagen?“

Sag was!
Teil des Erwachsenwerdens in jeder Kind-Eltern Beziehung ist zu lernen, ein Gespräch zwischen zwei Erwachsenen zu führen. Wenn wir erwachsen werden, ist es normal, dass wir andere Einstellungen entwickeln als unsere Eltern. Wie kann ich Eltern respektvoll auf Vorurteile hinweisen ohne zu verletzen?
Inspirationen
Sag was, ohne Kontra zu geben. Wiederhole die Information, und lass dabei die überflüssigen rassistischen oder ethnischen Hinweise raus: „Was hat die Putzhilfe dann gemacht, Mutter?“ Versuche feinfühlig vorurteilsfreie Sprache einzuführen.
Sprich elterliche Werte an. Erinnere an die Prinzipien, die sie in deiner Kindheit anwandten, als du bei ihnen zu Hause warst. „Vater, als ich groß geworden bin, hast du mir beigebracht, dass ich andere behandeln soll, wie ich selber behandelt werden möchte. Und ich finde, wenn du weiterhin Begriffe verwendest, die heutzutage aufgrund ihrer diskriminierenden Geschichte nicht mehr gebraucht werden sollten, ist das nicht lustig, sondern es macht mich traurig.“
Stelle klärende Fragen. „Warum empfindest du das so?“ „Sagst du, jeder sollte sich so fühlen?“ Spiegel an der Diskriminierungs-Achse: „Mama, wenn ich ein Junge wäre, würdest du das dann auch so sagen?“ Artikuliere deine Sicht: „Weißt du, Papa, ich sehe das anders. Und zwar weil…“ Strebe eine gemeinsame Ebene an „Worauf können wir uns denn hier einigen?“
Übe vorher. Wenn du weißt, solch ein Vorurteil kann auftauchen, probiere vorab verschiedene Antworten vor einem Spiegel. Womit fühlst du dich am wohlsten? Was könnte passen?
Schlage gerechte Lösungen vor: Bitte deine Eltern zum Gespräch. Mädchen und Jungen sind gleichwertig. Wenn bislang du allein an allen Tagen den Tisch decken sollst sage: „Kann Anton die Teller Montags, Mittwochs, und Freitags auf den Tisch stellen?“
Wähle den passenden Zeitpunkt. Wenn in einer Beziehung in der Situation selbst mit Abwehrhaltung zu rechnen ist, bereite ein Gespräch vor, für wenn die Wogen sich geglättet haben. Beim Vater, der nicht Mittagessen für die Familie machen möchte, könnten Mutter und Tochter nach der Abgabefrist überlegen, ob sie gemeinsam den Vater ansprechen. Wie kann ein respektvollerer Umgang am förderlichsten thematisiert werden? Welche Werte vermittelt der Vater der Tochter?
Nutze humorvolle Antworten. Halte die Augen offen für Memes und andere humorvolle Aussagen. Diese kannst du auf deine Situation zuschneidern. „Pass auf deine Wertsachen auf, hier sind viele Z~ in der Gegend.“, kannst du dann beantworten mit „Pass auf deine Vorurteile auf, hier sind viele nette Leute in der Gegend.“
Was kann ich bei dickköpfigen Verwandten machen?
Erlebnisse
- Eine junge Frau aus Graz berichtet, ihr Vater und Onkel wissen genau, dass sie nicht will, dass rassistische und homophobe „Witze“ erzählt werden. „Ich habe es ihnen immer wieder gesagt, und sie erzählen solche ‚Witze‘ nur um mich zu ärgern. Ich wurde oft so wütend, dass ich weinte und das Haus verließ. Jetzt versuche ich einfach, nicht mehr zu reagieren. Das scheint mir aber auch nicht gut zu sein.“
- Ein Mann aus Heidelberg erzählt: „Mein Cousin kam mich immer besuchen, wenn er geschäftlich in der Stadt war. Einmal hat er das Wort ‚Z~pack‘ benutzt, und ich sagte ‚Ich verwende das Wort nicht‘, aber er hat es weiter verwendet. Irgendwann sagte ich ‚Verwende bitte das Wort nicht, es heißt ‚Rom*nja und Sinti*zze‘. Wenn du das Wort weiter benutzt, musst du dir eine andere Übernachtungsmöglichkeit suchen.‘ Es war für ihn wie ein Spiel, er verwendete das Wort nur um zu sehen, wie ich reagiere.“
Sag Was!
Manchmal wollen uns andere mit ihrem vorurteilsbehafteten Verhalten manipulieren. Sie erzählen weiter ihre „Witze“ und Kommentare, nur weil sie sehen wollen, wie andere darauf reagieren. Versuche Folgendes:
„Ich werde keine diskriminierenden ‚Witze‘ in meinem Haus erlauben.“
Inspirationen
Beschreibe, was passiert. Verweise auf die Beleidigung, und beschreibe deren Verhaltensmuster. „Jedes Mal, wenn ich zu dir komme, erzählst du ‚Witze‘, die ich beleidigend finde. Es mag Leute geben, die mit dir darüber lachen würden, aber ich nicht. Ich habe dich bereits mehrfach aufgefordert, mir solche ‚Witze‘ nicht zu erzählen, aber du machst einfach weiter.“
Beschreibe, wie du dich fühlst. “Ich mag dich sehr, und ich weiß, dass auch du mich magst. Ich frag mich, warum du mich weiter verletzen willst, indem du diese ‚Witze‘ erzählst.“
Weise auf die Beziehung hin. „Deine ‚Witze‘ führen zu einem unnötigen Graben zwischen uns; ich befürchte, es wird dazu führen, dass sie unsere Beziehung unwiederbringlich zerstören. Und ich möchte nicht, dass diese ‚Witze‘ unsere Beziehung zerstören.“
Schildere Werte, setze Grenzen. “Du weißt, dass Respekt und Toleranz wichtige Werte in meinem Leben sind. Und ich verstehe, dass du das Recht hast zu sagen, was du sagen willst. Und ich bitte dich, zeig ein bisschen mehr Respekt für mich und hör auf, in meiner Gegenwart diese ‚Witze‘ zu erzählen.“
Suche einen gemeinsamen Weg. “Ich möchte nicht, dass diese Kluft zwischen uns tiefer wird. Ich möchte, dass wir eine gute Beziehung haben. Was sollen wir machen?“
Erweitere das Gespräch. Denk darüber nach, weitere Familienmitglieder auf beiden Seiten einzubeziehen, so dass alle die Möglichkeit bekommen, der Familie zu helfen, eine gemeinsame Ebene zu finden.
Schreib es auf. Wenn gesprochene Worte und Taten ohne Folgen bleiben, überleg, ob du eine Notiz, einen Brief oder eine E-Mail schreibst. Oftmals „hören“ Menschen geschriebene Dinge klarer, wenn sie schriftlich verfasst sind.
Wie gehe ich meine eigenen Vorurteile an?

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Erlebnisse
- Eine Frau erzieht ihre Nichte. Die Nichte wurde ins Basketball-Team aufgenommen, kam nach Hause und sagte „Tante, im Team sind 12 Mädels und sechs davon sind lesbisch.“ Die Frau kann sich genau an den Moment erinnern. „Ich dachte, ich wäre tolerant, ich hätte nichts gegen Homosexuelle. Aber meine Güte – daran musste ich mich gewöhnen. Und ich dachte, ich wäre cool.“
- „Ich habe den Freund meines Enkels gefragt, wo er herkommt. Er hat dunkle Haut. Er schaute mich so komisch an. Ich war ernsthaft interessiert. Damals wusste ich nicht, dass die Frage nach der Herkunft schon rassistisch ist. Jetzt verstehe ich.“ Opa aus Deutschland
- Bei der Familienfeier beobachtete ich, wie meine schwergewichtige Nichte sich sehr viel Essen auf ihren Teller hievte. Ich sagte ihr, dass ich mir wirklich Sorgen um ihre Gesundheit mache. Ich bin ihr sehr dankbar, dass sie mich auf das Thema Bodyshaming hinwies, dass sie glücklich und gesund sei. So hatte ich das vorher noch nie betrachtet, dass ich sie grundlos abwerte.
Sag was!
Oft finden Menschen es übertrieben, wenn eine Person auf eine sprachliche Verletzung hinweist – es war ja „nicht so gemeint“. Schaffst du es, dich in die Schuhe der anderen Person hinein zu denken, die solche Bemerkungen möglicherweise mehrfach pro Tag hört?
Sich den eigenen Vorurteilen zu stellen ist gut. Auf diese Art wächst man innerlich. Es ist kein angenehmer Prozess. Eigene Vorurteile zu untersuchen, ist der erste Schritt, um sie zu verkleinern und zu stoppen. Vielfach wird in der Wissenschaft davon ausgegangen, dass Vorurteile anerzogen sind, somit hinterfragbar und änderbar.
Inspirationen
Erweitere deine Perspektive. Auch wenn du eine Person zum ersten Mal „Wo kommst du her?“ oder „Bist du ein Mädchen oder ein Junge?“ … fragst, kann es sein, dass die Person diese Frage jeden Tag von unterschiedlichen Seiten zu hören bekommt und davon sehr genervt ist. Warum will ich eine Antwort auf genau diese Frage? Was bedeutet die Antwort für mich und was bedeutet sie für die Person? Was für eine Grundannahme steckt in meiner Frage?
Suche Rückmeldung und Rat. Frag Familienmitglieder dir zu helfen, deine eigenen Vorurteile abzubauen. Familien, die gemeinsam durch eine solche emotionale Phase gehen werden oft dadurch gestärkt.
Lerne mehr über die, zu denen du Vorurteile hegst. Neutrale, sachliche Informationen über die Gruppe, Kontakt zu Ihnen und Aufmerksamkeit eigenen Gefühlen gegenüber sind der Weg, um von Vorurteilen zu Verständnis und Akzeptanz zu gelangen. Suche dir solche Chancen für dich selbst. Sei neugierig, sei offen für Neues.
Recherchiere Aussagen von Betroffenen. Im Internet finden sich sicher einige Artikel zu Themen rund um Diskriminierung. Nimm dir bewusst Zeit um dich zu informieren. Die Informationen können dir helfen, deine Perspektive zu erweitern.
Steh zu deinen Zielen. Sage für die Beteiligten hörbar „Weißt du, hier muss ich wirklich an mir selber arbeiten, um zu verstehen, warum ich so fühle und denke.“ Solche Zugeständnisse sind mächtig und bieten ein gutes Beispiel für andere.
Beobachte dich selber. Suche dir einen Anlass (die nächsten drei Filme, die ich mir ansehe) oder einen Zeitraum (die Zeit vom … bis…), mit dem Ziel, deine eigenen Vorurteile zu erkennen. Welche Schönheitsideale verleiten dich? Verwendet der Film Klischees von Menschen mit einer Behinderung um rachsüchtige oder aggressive Charaktere darzustellen? Zeigt die Werbung ein hungriges Schwarzes Kind, um Mitleid zu erregen?
Spüre Lücken auf. Versuche unterschiedliche Bereiche von Vorurteilen zu erkennen. Hinterfrage dein Denken und deine Sprache. Es gibt Selbsttest wie den Impliziten Assoziations Test.
Mach es wahr. Wähle ein Datum – ein paar Wochen oder Monate in der Zukunft – und streiche es in deinem Kalender an. Wenn es soweit ist, reflektiere, was du gelernt hast, wie dein Verhalten sich verändert hat, und was es noch zu tun gibt. Frage andere: Hat sich mein Verhalten geändert?
Bleibe sensibel. Es geht nicht darum, gar keine Vorurteile mehr zu haben, sondern die eigenen Vorurteile zu kennen. Bekommst du mit, wann deine eigene Wahrnehmung von Vorurteilen beeinflusst wird? Überprüfe immer wieder, ob deine Vorstellung passt, wirf einen zweiten Blick auf die Person. Und wenn ein Vorurteil auf eine Person passt, heißt das immer noch nicht, dass es für andere aus der Gruppe genauso passt. Vielleicht magst du mit Familienmitgliedern und mit Freundschaften darüber sprechen?
Vielleicht magst du in anderen Themen stöbern, ob du dort Inspirationen findest, die gut auf deine Situation passen?
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